– Einigung über Verkauf befriedet Konflikt um Immobilie in Altona
– Hofgemeinschaft startet Fundraising-Kampagne zur Finanzierung
Hamburg, 27. November 2023. Eigentümer und Mieter*innen haben im Konflikt über die Zukunft des Künstler- und Handwerkerhofs „Viva la Bernie“ im Stadtteil Altona (Bernstorffstraße 117) eine einvernehmliche Lösung erzielt: Die beiden privaten Eigentümer bieten die Immobilie der Johann Daniel Lawaetz-Stiftung zum Kauf an, damit diese den Hof seinen Nutzer*innen zur Erbpacht dauerhaft überlassen kann. Die Stadt hat in Aussicht gestellt, den Ankauf politisch zu begleiten und im Rahmen bestehender Förderstrukturen zu prüfen, ob flankierend Förderungen möglich sind. Zur erfolgreichen Realisierung sind die Beteiligten auf ein breites Engagement der Stadtgesellschaft angewiesen, für das sich die Hofgemeinschaft mit einer Fundraising-Kampagne engagieren will.
Nachdem die Eigentümer den Hof 2017 von den Vorbesitzern erworben hatten, wollten ihn die etwa 20 Mieter*innen sowie insgesamt 100 Nutzer*innen in Sorge um ihren langfristigen Verbleib zurückkaufen. Eigenständig wollten sie die Gebäude verwalten, um sie dem „spekulativen Immobilienkreislauf zu entziehen“. Einen Weiterverkauf hatten die neuen Eigentümer damals abgelehnt, stattdessen der Mieter-Gemeinschaft einen langfristigen Mietvertrag angeboten. Diese hielt jedoch an ihrem Ziel fest.
In den vergangenen Jahren entwickelten Vermieter und Mieter*innen im Dialog mit Unterstützung der Politik verschiedene Szenarien zur Befriedung. Die Idee, den Hof an einen von allen Seiten akzeptierten und in Hamburg über gesellschaftspolitische Grenze hinweg anerkannten Dritten zu verkaufen und über diesen eine sozial gerechte Nutzung langfristig sicherzustellen, brachte den Durchbruch. Vor mehr als einem Jahr nahmen die Beteiligten dazu konkrete Gespräche auf.
Die Eigentümer und die Lawaetz-Stiftung haben nun einen „Letter of Intent“ unterzeichnet, der einen Kaufpreis in Höhe von 8,5 Millionen Euro vereinbart und den weiteren Weg beschreibt. Demnach wird die Stiftung ein unabhängiges Gutachten zur Feststellung des Verkehrswerts der Liegenschaft beauftragen. Maximal in Höhe dieses Werts wird die gemeinwohlorientierte Stiftung einen Kredit aufnehmen. Dieser muss durch die Bestandsmieten refinanziert werden.
Die Differenz zum Kaufpreis muss als Eigenanteil durch Privatkredite zu günstigen Zinsen, Spender und Mäzene aufgebracht werden. Je mehr Geld zusammenkommt, desto geringer die notwendige Kreditaufnahme bei einer Bank. „Viva la Bernie“ zeichnet für das Gelingen des Fundraisings verantwortlich. Der Auftakt ist mit einer Auktion gestifteter Kunstwerke sehr renommierter Künstler*innen wie Jonathan Meese und Daniel Richter am 07. Dezember um 18 Uhr im Museum für Kunst und Gewerbe geplant.
Spenden und Zustiftungen sind per sofort möglich. Interessenten wenden sich bitte per Mail an vorstand@lawaetz.de. Zu solidarischen Krediten berät ebenfalls die Lawaetz-Stiftung sowie die Hofgemeinschaft.
Statements der Beteiligten
Finanzsenator Dr. Andreas Dressel:„Der Künstler- und Handwerkerhof in der Bernstorffstraße ist eine Bereicherung für unsere Stadt. Hier kommen Menschen zusammen, arbeiten und wohnen gemeinsam an diesem besonderen Ort. Ich freue mich, dass eine Perspektive für die Hofgemeinschaft erarbeitet wurde. Nun kommt es auf die Stadtgesellschaft an, das Projekt tatkräftig zu unterstützen. Die geplante Fundraising-Kampagne bietet dafür die perfekte Möglichkeit.“
Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer: „Die Gespräche über die Zukunft des Künstler- und Handwerkerhofs in der Bernstorffstraße haben zu einem guten Ergebnis geführt. Mit der Lawaetz-Stiftung haben wir einen starken Partner gefunden, um den Weg hin zum dauerhaften Erhalt des Kreativ-Hofs voranzutreiben. Jetzt heißt es Daumen drücken für die anstehende Fundraising-Kampagne, um mit Hilfe der Stadtgesellschaft weitere Mittel für das Projekt zu gewinnen.“
Senator Anjes Tjarks, Behörde für Verkehr und Mobilitätswende: „Der Künstler- und Handwerkerhof ,Viva La Bernie‘ ist ein wichtiger Ort der Begegnung, des Wohnens, des Austausches sowie der Kreativität und steht damit für die Nutzungsvielfalt von Flächen und Gebäuden in der Innenstadt. Ich freue mich, dass Eigentümer und Mieter im konstruktiven, jahrelangen Austausch darauf hingewirkt haben, diesen wichtigen Ort, der über die Grenzen Hamburgs hinauswirkt, zu erhalten. Sie haben den Pfad des Dialogs nie verlassen, den wir als Stadt über die Jahre begleitet haben und eine für alle Beteiligten vernünftige Lösung gefunden. Dafür möchte ich mich bedanken. Mit der Lawaetz-Stiftung haben wir einen wichtigen Partner gewonnen. Gemeinsam hoffen wir im Rahmen der geplanten Fundraising-Kampagne auf weitere Unterstützer, um diesen stadtteilprägenden Ort erhalten und seine sozial gerechte Nutzung langfristig sicherstellen zu können.“
Jörg Lindner, geschäftsführender Vorstand der Johann Daniel Lawaetz-Stiftung: „Für die Johann Daniel Lawaetz-Stiftung ist das Engagement für die und mit der Hofgemeinschaft ein wichtiger Ansatz zur Hilfe zur Selbsthilfe, der in unserer Stiftungssatzung verankert ist. Dadurch können die Strukturen des Wohnens und Arbeitens in den Handwerksbetrieben gesichert und behutsam weiterentwickelt sowie die in der Kultur-, Kunst- und Kreativarbeit tätigen Menschen mit den dafür erforderlichen Strukturen und Flächen gefördert werden. Wir danken den Eigentümern, der Hofgemeinschaft sowie den aus der Politik und Zivilgesellschaft beteiligten Personen und Institutionen für den guten und konstruktiven Dialog und bitten die Stadtgesellschaft, das Fundraising zu unterstützen.“
Ralf Gauger, Sprecher „Viva la Bernie“: „Nach 6,5 Jahren Verhandlung haben es die Eigentümer und Viva la Bernie gemeinsam geschafft, einen drohenden Dauerkonflikt mit einem Kompromiss zu lösen. Trotz höchst unterschiedlicher Meinungen verließ keine Partei zu keinem Zeitpunkt den Weg des Dialogs. Wir beginnen jetzt die herausfordernde Aufgabe der Finanzierung unseres Wunsches, ein 4.800 qm großes Stück Hamburg dem Immobilien-Spekulationsmarkt für immer zu entziehen. Damit können wir in einer gesicherten und bezahlbaren, reinen Kostenmiete weiterhin den Innenstadtbereich mit Handwerk versorgen. Zudem der Kreativität und Kultur den nötigen Raum geben, mit dessen Ergebnissen nicht zuletzt die Stadt Hamburg in seiner Außenwirkung gerne wirbt.“
Christoph Reschke, Co-Eigentümer: „Unsere Idee war es, den Hof langfristig zu vermieten, seine Nutzungsvielfalt zu erhalten, freiwerdende Flächen behutsam zu modernisieren und die Mieten moderat anzupassen. Leider ist über den für die Mietergemeinschaft überraschenden Verkauf gegenseitiges Misstrauen entstanden – ein Zustand, den niemand möchte. Wir haben uns für den Weg des Dialogs entschieden, der nun ein gemeinsames Ziel gefunden hat. Handwerk und Kreativwirtschaft brauchen urbane Räume, zu deren Sicherung wir seit 2017 beigetragen haben. Wir gehen davon aus, dass die bezahlbaren Mieten erhalten bleiben – wie auch der günstige Wohnraum. Ebenso hoffen wir auf die Bereitstellung von Flächen für soziale Aufgaben und Nutzungen. Hierfür sehen wir die Lawaetz-Stiftung als idealen Partner. Der Stiftung und dem Hof wünschen wir für das Fundraising eine breite Unterstützung der Hamburgerinnen und Hamburger.“
Info Johann Daniel Lawaetz-Stiftung
Die Lawaetz-Stiftung ist eine unabhängige, gemeinwohlorientierte Akteurin für die Gestaltung einer sozial gerechten, zukunftsfähigen Gesellschaft. Mehr Infos unter www.lawaetz.de
Info „Viva la Bernie“
Die Hofgemeinschaft der Bernstorffstraße 117/Thadenstraße 102, Kunst, Handwerk, Gewerbe und Wohnen, Viva la Bernie e.V., engagiert sich mit dem Ziel, eine selbstverwaltete und dauerhafte solidarische Bewirtschaftung der Liegenschaft bei Sicherung der soziokulturellen Strukturen und einer tragfähigen dauerhaft günstigen Miete zu etablieren. Mehr Infos unter www.vivalabernie.de